Beyond Budgeting
Ein Modell für die flexible
Unternehmenssteuerung jenseits der klassischen Budgetierung und dem
monatlichen Soll-/Ist-Vergleich das ein Balanced Scorecard basiertes
Managementsystem ergänzt.
Der Aufwand, der von Managern und Controllern in die
Budgeterstellung fließt ist enorm. Studien haben gezeigt, dass der
Budgetierungsprozess bis zu 20-30% ihrer Zeit beanspruchen kann.
Gleichzeitig wird aber die Sinnhaftigkeit von Budgets, die innerhalb
kürzester Zeit von der Realität ad absurdum geführt werden, immer
fragwürdiger. Während das Budget, als zentrales Element des
bislang üblichen Managementsystems, Manager und Controller vor allem
auf die Einhaltung von einmal beschlossenen Budgetzielen und -grenzwerten
anhält, wird von Unternehmen im heutigen dynamischen Wirtschaftsumfeld
zunehmend das Gegenteil erwartet: Manager und ihre Unternehmen sollen
schnell auf Marktveränderungen durch Anpassung von operativen Plänen
und Maßnahmen reagieren.
Die Einführung neuer Steuerungsinstrumente
wie Balanced Scorecard und Wertsteigerungsmanagement hat den Rahmen für
ein an der Strategie und Kapitalmarkt ausgerichtetes flexibleres
Performance Management geschaffen. Was oft noch fehlt, ist auch eine
Flexibilisierung der operativen Planung und Maßnahmensteuerung. Das Beyond
Budgeting Modell will genau diese Lücke schließen.
Ziel
des Beyond Budgeting Konzeptes ist, die Anpassungsfähigkeit von
Unternehmen zu steigern. Dazu müssen vom Controlling einmal die
richtigen Steuerungsinstrumente und Prozesse konzipiert und
implementiert, vom Management aber auch eine passende
Performance Management Kultur gefördert werden, indem Selbstverantwortung
und marktorientiertes Handeln auf allen Ebenen im Unternehmen unterstützt
wird.
Weitere Infos zum Thema
"Beyond Budgeting":
- Eintägiges
Intensivseminar unter der Leitung von Jürgen H.
Daum » Info, Termine und
Anmeldung Programm
als PDF
- Podiumsdiskussion (in Englisch)
anläßlich der eCFO Conference 2001, 18.-19. Oktober 2001 in Brüssel: "The
Beyond Budgeting Management Model". Teilnehmer: - Janet
Kersnar, Editor-in-Chief CFO Europe Magazine - Guiseppe
Biamino, zuständig für Budgeting & Controlling bei
SNAM Rete Gas in Italien - Robin Fraser, Program Director
CAM-I BBRT - Peter Herold, Senior Manager Deloitte
Consulting UK - Jürgen Daum, Director Program Management mySAP
Financials, SAP AG.
Kann ein Unternehmen das Beyond
Budgeting Modell in Reinform einsetzen ? Diese Frage
diskutierten die Teilnehmer der Podiumsdiskussion: »video (Real
Player) »video (Media
Player)
- SAP White Paper "Beyond Budgeting", verfaßt u.a. von
J.D. und dem CAM-I BBRT » Beyond
Budgeting - SAP White Paper (in
Englisch)
- The new New Economy Analyst Bericht vom 22. Mai
2001
» Beyond
Budgeting: How to become an adaptive sense- and-respond organization
-
Artikel von Jürgen
Daum, erschienen im is-report 6/2000: »"Unternehmenssteuerung und
Unternehmensplanung mit Hilfe analytischer
Anwendungen - Unternehmensmanagment als Prozess
verstehen"
Überblick über das Beyond Budgeting
Modell:
von Jürgen H.
Daum
Das Konzept des Beyond Budgeting wurde vom Beyond Budgeting Round
Table (BBRT) des Consortium for Advanced Manufacturing International
(CAM-I) entwickelt, ein Program das von mehr als 50 globalen Unternehmen
finanziert wurde.
Ziel des Programs war es, die Beschränken der
Budgetierung bzw. des budgetbasierten Managementssystems zu untersuchen
und ein besseres Modell zu entwickeln. Dazu wurden Unternehmen analysiert, die ohne Budgets managen. Das Ergebnis war das Beyond Budgeting Modell
Das Beyond
Budgeting-Modell soll dabei helfen, die Beschränkungen des traditionellen
budget-basierten Managementsystems zu überwinden, um eine flexible,
anpassungsfähige Organisation zu schaffen, die einzelnen Managern das
Selbstvertrauen und die Freiheit gibt, Alternativen zu verfolgen, schnelle
Entscheidungen zu treffen sowie mit Kollegen in multifunktionalen Teams
innerhalb des Unternehmens und darüber hinaus an innovativen Projekten
zusammenzuarbeiten.
Dazu wurden vom
BBRT 12 Prinzipien definiert, die für die Implementierung des Beyond
Budgeting-Konzepts einen Rahmen definieren. Dabei haben die Beyond
Budgeting Prinzipien eins bis sechs mit dem "Klima" zu tun, in dem
Performancemanagement erfolgt. Sie beziehen sich damit sozusagen auf die
Performancemanagementkultur eines Unternehmens. Dazu wird sowohl das
Design einer Organisation sowie die Regeln gezählt, nach denen
Verantwortung und Macht an Manager delegiert wird. Die Prinzipien sieben
bis zwölf beziehen sich auf den Performancemanagement-Prozess. Eines der
Schlüsselelemente besteht hier darin, dass Ziele, Messgrößen und
Vergütungen voneinander entkoppelt werden, d. h. dass sie nicht durch
einem Performance-Vertrag miteinander verbunden werden. Hier die Liste der
12 Prinzipien:
1.
Self Governance – Feste
bürokratische Regeln und Verfahren werden durch klare Werte und Grenzen
ersetzt, die den Managern „an der Front“ die Freiheit geben, die sie für
schnelle, effektive Entscheidungen benötigen.
2.
Leistungsverantwortung –
Der Akquise und Entwicklung von Mitarbeiter, die über die erforderliche
Motivation zum Dienst am Kunden und zur Übernahme von Eigenverantwortung
für das Erreichen von Zielen verfügen, kommt eine zentrale Bedeutung zu.
3.
Empowerment –
Verantwortung und Entscheidungsgewalt wird an lokale Manager übertragen.
Grundprinzip ist hierbei, dass Entscheidungen möglichst nahe am Kunden
getroffen werden sollten.
4.
Struktur – Die neue
Organisation basiert auf einem Netzwerk wechselseitig abhängiger
Geschäftseinheiten mit effektiven vertikalen und horizontalen
Kommunikationsmöglichkeiten. Das Ziel dabei ist es, möglichst viele kleine
unternehmerisch agierende Einheiten entstehen zu lassen.
5.
Koordination –Indem
Geschäfts- und Managementprozesse so gestaltet werden, dass sie natürlich
ineinander greifen um Kundenwert zu schaffen, verwenden sie prozess- und
projektbasierte Beziehungen, um auf Kundenanforderungen „in Echtzeit“ zu
reagieren. Da jede Einheit für ihre Ergebnisse selbst verantworlich ist,
wird die zentrale Kontrolle durch marktähnliche Kräfte ersetzt, die durch
ein Netzwerk von internen Lieferanten-Kunden-Vereinbarungen gesteuert
werden.
6.
Führung – Die
Führungspersönlichkeiten fordern Manager heraus und spornen sie zum
Erreichen größerer Leistungsziele und zu größeren
Performanceverbesserungen an, um so das inkrementelle Denken des
Budgetierungsmodells zu überwinden. Der Führungsstil wandelt sich von der
Kontrolle und Anweisung hin zu Coaching und Ermutigung.
7.
Zieldefinition – Nur auf
der Basis von relativen Zielen, die auf Wettbewerber und
Branchen-Benchmarks basieren, werden lokale Manager tatsächlich
ehrgeizigere Ziele anvisieren (denn gegen einen allgemeinen Markttrend
sehen sie sich nicht in der Lage anzugehen). Darüber hinaus werden Manager
dadurch, dass Zielvorgaben an einer Reihe von wichtigen
Leistungsindikatoren orientiert werden, ermutigt, außer rein finanziellen
auch strategische Ziele zu verfolgen.
8.
Strategieprozess
– Manager müssen über die Freiheit verfügen, Alternativen zu erkunden,
nach neuen Wege für das Schaffen von Kundenwert zu suchen und neue
Geschäftsmodelle zu kreieren. Neue Initiativen werden eher von strategischen Zielen
abgeleitet, als auf Basis von politischen Überlegungen und
Abteilungsegoismen, wie dies für den traditionellen Budgetierungsprozess
typisch ist.
9.
Antizipationssystem –
Manager benötigen rechtzeitig Hinweise auf Veränderungen, besonders auf
sich anbahnende Probleme. Zahlreiche Manager verwenden eine rollierende
Vorschaurechnung, um die nähere Zukunft im Auge zu behalten. Eine
zunehmend wichtigere Rolle im Antizipationssystem ist das Management
kurzfristiger Kapazitäten. Durch die Integration von Informationen über
Kundenaufträge mit der Lieferkette müssen die Kapazitäten nicht weit im
Voraus festgelegt werden, wodurch sich fixe in variable Kosten
verwandeln.
10.
Ressourcennutzung -
Entscheidungen über Investitionen und Ressourcen an Manager vor Ort zu
übertragen und sie vom
jährlichen Budgetzyklus abzukoppen stellt sicher, dass diese nur getroffen
werden, wenn sie wirklich erforderlich sind. Dies gibt Managern die
Freiheit, zur rechten Zeit die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Ein
ständiger Druck in Richtung Kostensenkung wird durch das Sichtbarmachen
von Beispielen für besonders effiziente Ressourcennutzung im Unternehmens
aufrechterhalten. Wo es geeignet ist, sollten interne Märkte geschaffen
werden, auf denen interne Lieferanteneinheiten internen Kundeneinheiten
ihre Dienste anbieten.
11.
Messen und Kontrolle – Die Kontrollmechanismen müssen
vielfältig sein. Es müssen zeitnah Daten über den aktuellen Status und
über wichtige Indikatoren, sowie rollierende Vorschauen mit Hilfe
schneller und offener Informationssysteme bereitgestellt werden. Die
entsprechenden Messgrößen werden an alle Managementebenen gleichzeitig
weitergeleitet, wobei auf der lokalen Ebene mehr Details enthalten sein
sollten als auf höheren Managementebenen.
12.
Motivation und
Vergütungen – Leistungsbewertungen, die auf relativen Messgrößen
beruhen, motivieren zu Leistungsverbesserungen. Dabei steht die Leistung
von Teams und ganzen Unternehmen im Vordergrund, weniger die von
Individuen. Diese Sichtweise fördert den Austausch von Information und
Wissen innerhalb des Unternehmens und garantiert, dass die verschiedenen
Aktivitäten koordiniert erfolgen.
Einige
Unternehmen haben das „Beyond Budgeting“-Konzept bereits in ihre
Managementprozesse übernommen. In den meisten Fällen ergab sich dadurch
eine deutliche und nachhaltige Steigerung der finanziellen Performance,
die sich über Jahre verfolgen ließ. Von diesen Unternehmen waren bisher 14
Gegenstand der Untersuchungen des CAM-I Beyond Budgeting Round Table
(BBRT). Im Folgenden sind einige vom BBRT dokumentierte Beispiele
aufgeführt:
SKF – Ein
schwedisches Unternehmen, das weltweit führend in der Herstellung von
Kugellagern ist und im Jahr 2000 einen Jahresumsatz von 40 Milliarden
Schwedischen Kronen (4,2 Milliarden Euro) verzeichnen konnte. Während
„Total Quality Management“ (TMQ) bereits in den frühen 90er Jahren
begonnen hatte sich durchzusetzen, führte das Unternehmen 1996 das so
genannte SKF100 ein. Hierbei handelt sich um einen Satz von Werten und
Zielsetzungen, einer Reihe von mehrstufigen Balanced Scorecards, die das
Unternehmen in seiner Entwicklung bis 2007, dem Jahr seines
hundertjährigen Bestehens, bestimmen sollen. Diese stellen einen breiten
Rahmen an ergeizigen Unternehmenszielen bereit, innerhalb dessen
jährliche Ziele für jede Abteilung und
jedes Geschäftssegment definiert werden. Diese Ziele und Messgrößen
brachten das Unternehmen jedoch auf einen Kollisionskurs mit seinem
traditionellen Budgetierungsystem, das dann auch 1995 aufgegeben wurde.
SKF ist jetzt ein wesentlich marktorientierteres Unternehmen, das heute –
nach einigen mageren Jahren – ein starkes Wachstum verzeichnet.
Svenska
Handelsbanken – Eine schwedische Universalbank mit etwa 2,25
Milliarden Euro Umsatz, 8500 Angestellten und 600 Profit Centern (bei
denen es sich zumeist um Filialen handelt). Svenska Handelsbanken hat
starre Jahresbudgets durch ein System von marktgesteuerter Zielsetzung,
kontinuierlichen Forecasting- und Ressourcenallokationsprozesse für die
einzelnen Profit Center, und marktähnlichen Beziehungen zwischen
Support-Einheiten und operativen kundennahen Einheiten ersetzt. Seit das
Budgetierungsmodell in den 70er Jahren aufgegeben wurde, hat die Bank ihre
skandinavischen Konkurrenten im Hinsicht auf fast jede
Performancemessgröße überholt: bei der Eigenkapitalrendite, beim Total
Shareholder Return (TSR), dem Gewinn pro Aktie, der Cost-to-income Ratio,
sowie bei der Kundenzufriedenheit - und zwar nachhaltig, jahraus, jahrein seit nunmehr 30
Jahren. Svenska Handelsbanken ist die kosteneffizienteste Bank Europas und
wurde kürzlich zu einer der besten europäischen Internetbanken
gewählt.
Borealis A/S
– Ein Dänisches Unternehmen, das 1994 als Joint Venture zweier
skandinavischer Ölfirmen (Statoil aus Norwegen und Neste aus Finnland)
gegründet wurde. Borealis ist führend auf dem Gebiet der Polymerforschung
und -entwicklung und ist heute mit seinem Umsatz von etwa 2,8 Milliarden
Euro Europas größter und weltweit der viertgrößte Hersteller von
Polymeren. Die petrochemische Industrie ist dafür bekannt, dass sie sehr
ausgeprägten Zyklen unterworfen ist und dass der finanzielle Erfolg
hauptsächlich vom Ölpreis abhängt. Die Einführung des Beyond
Budgeting-Konzepts ermöglichte es dem Unternehmen, auf Marktveränderungen
wesentlich flexibler zu reagieren. Seit Borealis das traditionelle
Budgetierungsmodell 1995 aufgegeben hat, hat das Unternehmen seinen
Shareholder Value verdoppelt und die Kosten innerhalb von fünf Jahren um
30 % senken können.
Das Beyond
Budgeting-Modell erfordert nicht nur eine neue Vorgehensweise bei der
Budgeterstellung, Resourcenallokation und Planung, sondern ebenso eine
ganzheitlichen Ansatz im Strategie- und Corporate Performance Management -
von der strategischen Planung, über die Zieldefinition, bis zur
kontinuierlichen und ereignisgesteuerten Vorschau auf Basis finanzieller
und nichtfinanziellen KPIs. Um dies erfolgreich umsetzen und
Organisations- und Managementprozessmodelle in Übereinstimmung mit Beyond
Budgeting-Prinzipien unterstützen zu können, machen Unternehmen immer mehr
von Informationstechnik Gebrauch, wie z.B. von analytischen
Softwareanwendungen. Entscheidend beim Beyond Budgeting-Modell ist
allerdings der kontinuierliche Managementprozess. Wie schnell und wie weit
ein Unternehmen das von CAM-I beschriebene Beyond Budgeting Modell
umsetzen soll und kann, muß jedoch indiviiduell entschieden
werden.
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